8. April 2025

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Interview mit Fachanwalt Daniel Blazek (BEMK Rechtsanwälte, Bielefeld): „Beim Unternehmenskauf ist Wachsamkeit gefragt – die Risiken lauern im Detail“

Interview mit Fachanwalt Daniel Blazek (BEMK Rechtsanwälte, Bielefeld): „Beim Unternehmenskauf ist Wachsamkeit gefragt – die Risiken lauern im Detail“

Redaktion:
Herr Blazek, Sie beraten seit vielen Jahren Unternehmen im Bereich Handels- und Gesellschaftsrecht. Immer mehr Menschen überlegen, nicht ein neues Unternehmen zu gründen, sondern ein bestehendes zu übernehmen. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Punkte, auf die Käufer achten sollten?

Daniel Blazek:
Das ist eine sehr gute Frage – und tatsächlich ein hochaktuelles Thema, denn in den kommenden Jahren stehen in Deutschland zehntausende Unternehmensnachfolgen an. Viele Käufer unterschätzen dabei, wie komplex eine Unternehmensübernahme ist. Es geht nicht nur darum, den Kaufpreis zu verhandeln, sondern auch, die rechtlichen, steuerlichen, wirtschaftlichen und personellen Risiken sauber zu analysieren. Der wichtigste Grundsatz lautet: Due Diligence first! Nur wer genau weiß, was er kauft, kann böse Überraschungen vermeiden.

Redaktion:
Was genau umfasst diese Due Diligence?

Daniel Blazek:
Eine Due Diligence ist im Prinzip eine strukturierte Risikoprüfung. Sie gliedert sich typischerweise in verschiedene Bereiche:

  • Finanzielle Due Diligence – Wie gesund ist das Unternehmen wirtschaftlich?

  • Rechtliche Due Diligence – Gibt es laufende Verträge, Haftungsrisiken, Altlasten, offene Gerichtsverfahren?

  • Steuerliche Due Diligence – Wie ist die steuerliche Situation? Gibt es Betriebsprüfungen, verdeckte Belastungen oder steuerliche Risiken?

  • Organisatorische und arbeitsrechtliche Due Diligence – Wie sind die Arbeitsverhältnisse geregelt? Gibt es Tarifbindung, Betriebsrat, Sonderzahlungen, laufende Streitigkeiten mit Mitarbeitern?

Man prüft z. B., ob alle Verträge mit Kunden, Lieferanten oder Dienstleistern rechtssicher sind – und ob sie mit einem Eigentümerwechsel weiterlaufen dürfen. Viele Verträge enthalten sogenannte „Change of Control“-Klauseln. Das kann bedeuten, dass ein Lieferant oder Kunde bei einem Eigentümerwechsel kündigen kann. Das muss man frühzeitig wissen.

Redaktion:
Gibt es auch Unterschiede zwischen einem Asset Deal und einem Share Deal?

Daniel Blazek:
Absolut – das ist einer der entscheidenden Punkte bei der Gestaltung.
Beim Asset Deal kauft der Erwerber einzelne Wirtschaftsgüter, also z. B. Maschinen, Vorräte, Markenrechte, den Kundenstamm, Softwarelizenzen usw. Das Unternehmen als solches bleibt beim Verkäufer. Hier kann der Käufer gezielt Risiken ausklammern, aber er muss auch viele Einzelübertragungen rechtlich und organisatorisch bewältigen.

Beim Share Deal hingegen übernimmt der Käufer Anteile an der Gesellschaft – etwa GmbH-Anteile – und tritt damit in sämtliche Rechte und Pflichten ein. Das ist elegant, birgt aber größere Haftungsrisiken: Auch versteckte oder unbekannte Verpflichtungen „erben“ Sie mit.

Daher gilt beim Share Deal: Sorgfalt ist alles. Und im Zweifel: Garantien im Kaufvertrag verhandeln und absichern!

Redaktion:
Welche konkreten rechtlichen Fallstricke erleben Sie in der Praxis häufig?

Daniel Blazek:
Ein häufiger Fehler ist die falsche Einschätzung von Haftungsrisiken. Viele Käufer glauben, dass sie nach dem Kauf automatisch auf der sicheren Seite sind – das stimmt so nicht. Zum Beispiel haftet man bei einem Asset Deal unter bestimmten Voraussetzungen für Löhne und Gehälter nach § 25 HGB, wenn man ein Handelsgeschäft übernimmt – also auch für Rückstände, die vor dem Kauf entstanden sind.

Auch Mängel im Kaufvertrag sind ein Problem: Wenn keine klaren Regelungen zu Gewährleistung, Garantien, Wettbewerbsverboten oder Zahlungsmodalitäten getroffen werden, kann das im Streitfall teuer werden.

Nicht zuletzt: IT und Datenschutz. In vielen Unternehmen ist die digitale Infrastruktur mangelhaft oder datenschutzrechtlich angreifbar – das kann im Nachhinein empfindliche Bußgelder oder Reputationsverluste nach sich ziehen.

Redaktion:
Was ist bei der Übernahme von Mitarbeitern zu beachten?

Daniel Blazek:
Sehr viel! Der Käufer übernimmt in der Regel die Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten, sofern ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB vorliegt. Das heißt konkret: Alle bestehenden Verträge bleiben bestehen, die Mitarbeiter können dem Übergang widersprechen, aber nicht gekündigt werden – zumindest nicht wegen des Übergangs.

Daher sollte man sich unbedingt einen Überblick über:

  • alle Arbeitsverträge,

  • Boni- und Zusatzvereinbarungen,

  • laufende arbeitsrechtliche Streitigkeiten und

  • bisherige betriebliche Übung verschaffen.

Wichtig ist auch: Wenn das Unternehmen tarifgebunden ist, gelten diese Bedingungen weiter – auch für den neuen Eigentümer.

Redaktion:
Wie wichtig ist der „gute Name“ bzw. der Ruf des Unternehmens – und wie kann man den bewerten?

Daniel Blazek:
Der sogenannte Goodwill – also Ruf, Kundenbindung und Markenwert – ist oft schwer messbar, aber für viele kleinere Unternehmen entscheidend. Gerade bei inhabergeführten Betrieben hängt der Erfolg oft an der Person des Altinhabers. Wenn dieser ausscheidet, kann auch der Kundenstamm wegbrechen.

Hier helfen Gespräche mit Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern, ein Blick auf Bewertungsportale und am besten auch eine Analyse der vergangenen Umsätze. Ist z. B. ein Großkunde für mehr als 50 % des Umsatzes verantwortlich, dann ist das ein Klumpenrisiko, das dringend bewertet werden muss.

Redaktion:
Was raten Sie einem Käufer, der ein Unternehmen übernehmen und gleichzeitig modernisieren oder digitalisieren will?

Daniel Blazek:
Zunächst: Eine Übernahme ist eine Chance zur Erneuerung, aber auch ein Risiko für Reibungen. Wichtig ist, bereits im Übernahmeprozess eine klare Vorstellung zu entwickeln, wohin man will – Stichwort: Businessplan und Transformationsstrategie.

Wenn Sie z. B. eine Digitalisierung vorantreiben wollen, müssen Sie vorab prüfen:

  • Welche Systeme sind vorhanden?

  • Wer besitzt die Lizenzen?

  • Gibt es vertragliche oder technische Abhängigkeiten zu Dritten?

Zudem sollte man die Mitarbeitenden „mitnehmen“. Erfolgreiche Übergaben funktionieren nur mit Transparenz, Wertschätzung gegenüber der bisherigen Leistung und einer klaren Perspektive. Dazu gehört oft ein Onboarding-Programm für das neue Führungsteam oder Schulungen für bestehende Mitarbeitende.

Redaktion:
Abschließend: Was ist Ihr wichtigster Rat an Käufer, die ein Unternehmen übernehmen wollen?

Daniel Blazek:
Lassen Sie sich nicht von Sympathie oder schönen Verkaufsprospekten blenden.

Ein Unternehmenskauf ist kein Bauchgeschäft, sondern eine hochkomplexe Entscheidung mit rechtlichen, steuerlichen und menschlichen Dimensionen. Wer professionell prüft, verhandelt und sich juristisch begleiten lässt, senkt die Risiken erheblich und hat die besten Chancen, daraus eine echte Erfolgsgeschichte zu machen.

Redaktion:
Herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch, Herr Blazek!

Daniel Blazek:
Sehr gerne – ich wünsche allen zukünftigen Unternehmensnachfolgern Mut, Durchblick und gute Beratung.

Daniel Blazek ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Partner bei der Kanzlei BEMK Rechtsanwälte in Bielefeld. Er begleitet regelmäßig Unternehmen, Gesellschafter und Investoren bei Unternehmenskäufen, Nachfolgeregelungen und Restrukturierungen.
www.rae-bemk.de

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