„Startup heißt nicht immer Neugründung“ – Vivien Wieder über Finanzierung, Nachfolge und Nachhaltigkeit in der Startup-Welt

Frau Wieder, wenn Sie von Startups sprechen, meinen Sie nicht nur klassische Neugründungen. Was verstehen Sie persönlich unter einem Startup?
Vivien Wieder: Für mich umfasst der Begriff Startup mehr als nur die Gründung aus dem Nichts. Ich sehe darunter auch die Übernahme bestehender Unternehmen im Rahmen der Nachfolge, wenn sie mit dem Ziel erfolgt, das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen – also im Sinne von „Fit for Future“. In solchen Fällen treffen Innovation und Erfahrung aufeinander. Man baut auf bestehenden Strukturen auf und bringt gleichzeitig neue Ideen und Perspektiven ein.
Welche Vorteile bietet dieser erweiterte Startup-Ansatz aus Ihrer Sicht?
Wieder: Der größte Vorteil liegt darin, dass man nicht bei null anfangen muss. Es gibt Prozesse, Mitarbeiter, ein Netzwerk – all das ist bereits vorhanden. Was dann passiert, ist eine Transformation: Man modernisiert, digitalisiert, denkt das Geschäftsmodell neu. Das bietet großes Innovationspotenzial, und das in doppeltem Sinne nachhaltig – ökonomisch als stabiles Investment für Kapitalgeber und ökologisch, wenn etwa auf ressourcenschonende Prozesse umgestellt wird.
Sie sprechen von Nachhaltigkeit – nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch. Wie wichtig ist das Thema bei Startup-Finanzierungen?
Wieder: Extrem wichtig. Investoren suchen zunehmend nach nachhaltigen Geschäftsmodellen, die sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch gesellschaftlich sinnvoll sind. Startups, die Nachhaltigkeit ernst nehmen – von Kreislaufwirtschaft bis CO₂-neutraler Produktion – haben heute gute Chancen auf Finanzierung, insbesondere bei Impact-Investoren oder öffentlichen Förderprogrammen.
Sie engagieren sich auch für Ausgründungen aus Universitäten. Was ist daran besonders spannend für Sie?
Wieder: Hochschulen sind Innovationsmotoren – doch viel zu viele großartige Forschungsergebnisse landen in der Schublade. Ich setze mich dafür ein, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in die Wirtschaft übersetzt werden, etwa durch gezielte Gründungsberatung und Vernetzung mit Investoren. Wenn ein Forschungsteam ein marktfähiges Produkt entwickelt, entstehen daraus Startups mit Substanz – und oft auch neue Arbeitsplätze.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Startup-Finanzierung in Deutschland?
Wieder: Mehr Mut bei der Finanzierung von innovativen, nicht ganz linearen Ideen, bessere Unterstützung bei Unternehmensnachfolgen mit Startup-Charakter und eine stärkere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft. Startups sind nicht nur hippe App-Schmieden – sie sind auch die Architekten einer nachhaltigen Zukunft, gerade wenn wir ihre Vielfalt erkennen.
Frau Wieder, vielen Dank für das Gespräch.