Interview mit Alfred Wieder: Deutsche Start-ups auf Wachstumskurs
Frage: Herr Wieder, Start-ups treiben mit ihren innovativen Technologien die deutsche Wirtschaft voran. Die Zahl der Neugründungen in Deutschland nimmt zu. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Alfred Wieder: Die deutsche Start-up-Szene erlebt derzeit tatsächlich eine spannende Wachstumsphase. Das ist nicht zuletzt der neuen Start-up-Strategie der Bundesregierung zu verdanken, die seit 2022 konsequent umgesetzt wird. Diese Strategie schafft für Start-ups ein besseres Gründungsumfeld und sorgt dafür, dass Innovationen, Patentanmeldungen und Neugründungen stetig steigen. Wir sehen, dass viele der eingeführten Maßnahmen greifen und es Gründern erleichtern, ihre Ideen in die Realität umzusetzen.
Frage: Die Start-up-Strategie der Bundesregierung umfasst 130 Maßnahmen. Welche konkreten Maßnahmen haben besonders dazu beigetragen, dass sich die Branche so positiv entwickelt hat?
Alfred Wieder: Ein zentrales Element ist sicherlich die Förderung der Finanzierungsmöglichkeiten. Start-ups brauchen Kapital, um ihre innovativen Ideen voranzubringen. Der Zukunftsfonds der Bundesregierung stellt dafür bis 2030 zehn Milliarden Euro bereit, was den Markt für Wagniskapitalfinanzierung stärkt. Zudem wurde der Wachstumsfonds Deutschland ins Leben gerufen, der Gelder aus institutionellen Investitionen mobilisiert. Der Fonds hat bereits in 24 Venture-Capital-Fonds investiert und konnte Ende letzten Jahres sein Zielvolumen von einer Milliarde Euro erreichen.
Darüber hinaus wurden Maßnahmen zur Talentförderung und zur Förderung von Gründerinnen sowie zur Unterstützung von Ausgründungen aus wissenschaftlichen Einrichtungen eingeführt. Diese Strategien tragen dazu bei, dass Start-ups langfristig erfolgreich sein können.
Frage: Haben sich die Maßnahmen auch schon in konkreten Zahlen bemerkbar gemacht?
Alfred Wieder: Auf jeden Fall. Im ersten Halbjahr 2024 wurden 1.384 Start-ups gegründet, was einem Anstieg von 15 Prozent im Vergleich zum vorherigen Halbjahr entspricht. Insgesamt arbeiten in Deutschland derzeit etwa 522.000 Menschen in Start-ups. Beeindruckend ist auch die Anzahl der sogenannten Einhörner – also Start-ups mit einer Unternehmensbewertung von mindestens einer Milliarde US-Dollar. Davon gibt es in Deutschland inzwischen 31, dreimal so viele wie im Jahr 2020.
Frage: Neben den Gründungen hat sich auch die Innovationsleistung Deutschlands weiterentwickelt. Können Sie uns hier einige aktuelle Zahlen nennen?
Alfred Wieder: Deutschland bleibt ein hochinnovatives Land, nicht zuletzt dank unserer starken Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Die Zahl der Patentanmeldungen ist 2023 zum ersten Mal seit der Pandemie wieder gestiegen, mit 58.656 Anmeldungen beim Deutschen Patent- und Markenamt. Auch im Innovationsranking der EU konnte sich Deutschland behaupten und liegt aktuell auf Platz neun. Unsere Innovationsleistung beträgt etwa 111 Prozent des EU-Durchschnitts und übertrifft damit viele andere Länder in Europa.
Frage: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für die deutsche Start-up-Szene in den kommenden Jahren?
Alfred Wieder: Eine große Herausforderung wird es sein, weiterhin attraktive Bedingungen für Gründer zu schaffen, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Bürokratieabbau ist hier entscheidend, ebenso wie die Förderung digitaler Kompetenzen. Gleichzeitig muss die Finanzierung von Start-ups auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gesichert sein. Die Start-up-Strategie der Bundesregierung ist ein guter Anfang, aber es bleibt wichtig, diese Strategie weiter auszubauen und an die sich wandelnden Bedürfnisse der Gründerszene anzupassen.
Frage: Vielen Dank, Herr Wieder, für Ihre Einblicke in die aktuelle Entwicklung der deutschen Start-up-Branche!