Trotz zahlreicher Programme zur Förderung von Diversität bleibt die deutsche Start-up-Landschaft fest in männlicher Hand. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, dass der Anteil von Frauen an Start-up-Gründungen im Jahr 2024 weiter zurückgegangen ist. Lag der Frauenanteil im Vorjahr noch bei 20,7 Prozent, sank er nun auf nur noch 18,8 Prozent. Damit hat sich der Trend einer sinkenden Beteiligung von Frauen in der Gründerszene fortgesetzt – und das trotz politischer Bekenntnisse zur Förderung von Gründerinnen.
Die Ursachen sind vielschichtig. Laut der Studie behindern strukturelle Hürden wie eine mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum viele Frauen daran, ein eigenes Start-up zu gründen. Hinzu kommt, dass weibliche Gründungsinteressierte deutlich schlechteren Zugang zu relevanten Netzwerken und Kapitalgebern haben – ein Nachteil, der gerade in der Frühphase eines Unternehmens entscheidend sein kann.
„Gerade in der männlich geprägten Start-up-Welt fehlt es Frauen oft an Sichtbarkeit, Zugang zu Mentoren und Business Angels“, heißt es in der Untersuchung. Selbst in staatlich unterstützten Innovationsökosystemen seien Frauen unterrepräsentiert.
Ein weiterer Aspekt: Der Zeitpunkt der Entscheidung zur Gründung. Laut einer ergänzenden Umfrage des Bundesverbands Deutsche Startups im Auftrag der Stiftung beschließen rund zwei Drittel der männlichen Gründer schon in der Jugend oder im Studium, ein Unternehmen zu starten. Bei den Frauen ist dieser Anteil mit nur 43 Prozent deutlich geringer. Das deutet auf fehlende Vorbilder, mangelnde Ermutigung und geschlechterspezifische Rollenbilder bereits in der frühen Ausbildungsphase hin.
Auch wenn es positive Beispiele gibt – wie etwa Start-up-Wettbewerbe nur für Gründerinnen oder spezielle Accelerator-Programme – reichen diese Initiativen offenbar noch nicht aus, um den strukturellen Ungleichgewichten entgegenzuwirken.
Die Autoren der Studie fordern deshalb nicht nur mehr gezielte Förderprogramme, sondern auch einen kulturellen Wandel in der Gründerszene. Gefragt seien mehr weibliche Vorbilder, familienfreundliche Förderbedingungen, ein besserer Zugang zu Kapital und ein aktives Mentoring. Nur so könne verhindert werden, dass das Potenzial von Millionen gut ausgebildeter Frauen auch in Zukunft ungenutzt bleibt.
Fazit aus Anlegersicht: Die Studie zeigt, dass Deutschland ein enormes ungenutztes Innovationspotenzial hat – vor allem unter Frauen. Investoren, die sich auf Gründerinnen fokussieren oder Fonds mit Diversitätsstrategie unterstützen, könnten nicht nur unterrepräsentierte Talente fördern, sondern auch überdurchschnittliche Renditen erzielen. Diversität ist nicht nur ein gesellschaftliches Ziel – sie wird zunehmend zu einem Qualitätsmerkmal erfolgreicher Start-ups.


