20. February 2025

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Interview mit Vivian Wieder: „Wie sollte der Staat Start-ups pragmatisch unterstützen?“

Interview mit Vivian Wieder: „Wie sollte der Staat Start-ups pragmatisch unterstützen?“

Interviewer: Frau Wieder, Sie beschäftigen sich intensiv mit der Förderung von Start-ups. Wie könnte der Staat Ihrer Meinung nach Start-ups effektiver unterstützen?

Vivian Wieder: Vielen Dank für die Frage. Start-ups brauchen ein Ökosystem, das ihnen den Weg ebnet, anstatt unnötige Hürden aufzubauen. Der Staat könnte durch gezielte Maßnahmen sicherstellen, dass Gründerinnen und Gründer schneller und effektiver an Ressourcen gelangen, sei es Kapital, Fachwissen oder Infrastruktur. Es geht dabei weniger um groß angelegte Programme, sondern um praktische, zielgerichtete Lösungen.

Interviewer: Was wären konkrete Maßnahmen, die der Staat sofort umsetzen könnte?

Vivian Wieder: Eine erste Maßnahme wäre eine drastische Reduzierung der Bürokratie für Gründer. Wir könnten etwa ein „One-Stop-Shop“-Modell etablieren, bei dem Start-ups alle notwendigen Schritte, wie die Anmeldung, Steuerregistrierung und rechtliche Vorgaben, an einem einzigen digitalen Ort erledigen können. Das spart Zeit und Ressourcen.

Zweitens sollten staatliche Förderprogramme leichter zugänglich sein. Viele Gründer scheitern daran, dass sie sich in einem Dschungel aus Förderrichtlinien verlieren. Hier könnte eine zentrale Plattform Abhilfe schaffen, die Start-ups passend zu Branche und Entwicklungsphase Vorschläge macht.

Interviewer: Welche Rolle spielt der Zugang zu Kapital?

Vivian Wieder: Eine enorm wichtige Rolle. Der Staat könnte verstärkt als „Ankerinvestor“ auftreten. Das bedeutet, dass er in Venture-Capital-Fonds investiert, die sich wiederum auf Start-ups spezialisieren. Diese Fonds könnten dann private Investoren anziehen, weil sie durch die staatliche Beteiligung ein geringeres Risiko sehen.

Zudem wäre ein sogenannter „Matching-Fonds“ sinnvoll. Hierbei ergänzt der Staat Investitionen von privaten Kapitalgebern. So wird privates Kapital effizient multipliziert und es entstehen keine Abhängigkeiten von staatlichen Geldern.

Interviewer: Wie könnte der Staat den Zugang zu Talent fördern?

Vivian Wieder: Ein wichtiger Punkt ist, den Zuzug hochqualifizierter Fachkräfte zu erleichtern. Die Visaverfahren für Talente aus dem Ausland könnten deutlich beschleunigt und vereinfacht werden. Start-ups haben oft nicht die Zeit, monatelang auf Genehmigungen zu warten.

Außerdem sollten wir Entrepreneurship an Schulen und Universitäten fördern. Programme, die junge Menschen ermutigen, Unternehmen zu gründen, könnten früh ein Unternehmertum-Mindset schaffen. Staatlich finanzierte Praktika in Start-ups wären ein pragmatischer Ansatz, um Talente mit Gründern zusammenzubringen.

Interviewer: Welche Rolle spielen Steuern und Anreize für Investoren?

Vivian Wieder: Eine entscheidende Rolle. Steuerliche Anreize für Investoren könnten die Finanzierung von Start-ups stark fördern. Zum Beispiel könnte man Gewinne aus Start-up-Investitionen für eine gewisse Zeit steuerlich begünstigen, um das Risiko für Investoren zu senken.

Auch Gründer selbst könnten durch Steuervergünstigungen entlastet werden, insbesondere in den ersten Jahren. Eine befristete Befreiung von der Gewerbesteuer oder niedrigere Sozialversicherungsbeiträge für die ersten Mitarbeiter wären hier denkbar.

Interviewer: Was ist mit Infrastruktur? Wie kann der Staat dort unterstützen?

Vivian Wieder: Der Staat könnte mehr in Gründerzentren und Inkubatoren investieren, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Diese Zentren sollten nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Beratungsangebote und Netzwerke bieten. Außerdem sollte der Zugang zu Hochtechnologie, wie Laboren oder IT-Infrastruktur, durch subventionierte Modelle ermöglicht werden.

Ein weiterer Punkt wäre der flächendeckende Ausbau von Breitband-Internet. Viele innovative Geschäftsideen scheitern daran, dass die digitale Infrastruktur nicht ausreicht – gerade in ländlichen Regionen.

Interviewer: Gibt es ein Land, das als Vorbild dienen könnte?

Vivian Wieder: Israel, bekannt als „Start-up Nation“, ist ein hervorragendes Beispiel. Dort hat der Staat ein sehr erfolgreiches Förderprogramm namens „Yozma“ initiiert, das private Investitionen massiv ankurbelte. Gleichzeitig hat Israel einen besonderen Fokus auf die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen gelegt, wodurch Innovationen schneller auf den Markt kommen.

Interviewer: Zum Abschluss: Was wären Ihre drei wichtigsten Empfehlungen an die Politik?

Vivian Wieder: Erstens, Bürokratie abbauen und Förderstrukturen vereinfachen. Zweitens, steuerliche und finanzielle Anreize für Investoren und Gründer schaffen. Drittens, in Bildung, Talentförderung und digitale Infrastruktur investieren. Mit diesen Maßnahmen könnte Deutschland sein enormes Potenzial als Start-up-Standort endlich voll ausschöpfen.

Interviewer: Vielen Dank für Ihre Einblicke, Frau Wieder!

Vivian Wieder: Sehr gerne! Es ist wichtig, dieses Thema voranzutreiben, denn Start-ups sind die Basis für unsere wirtschaftliche Zukunft.

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